Good Bye Rossi

In den letzten Monaten hab ich viel über Lucky und wenig über Rossi geschrieben und jetzt auch das Bild auf der Startseite ausgetauscht. Das lag daran, dass es Rossi gesundheitlich zunehmend schlechter ging und ein Abschied spürbar in die Nähe rückte. Darüber konnte ich nicht schreiben. Im Juli ist Rossi dann kurz vor seinem 16. Geburtstag gestorben und er fehlt mir so sehr, dass ich es nicht in Worte fassen kann. Wenn ich seine Fotos anschaue, spüre ich seine Liebe, seine Wärme, sein samtiges Fell, seinen Geruch, wie er sich in meine Arme schmiegt, wie er mich anschaut… Ich höre das trippeln seiner Füße und rechne jeden Augenblick damit, dass er ins Zimmer kommt, um zu schaun, ob ich da bin. Und ich höre ihn neben meinem Schreibtisch schlafen. Aber das ist nicht Rossi, der da schnarcht, sondern Lucky. Scheiße, ist das heftig.

Der kleine Rossi zieht bei mir ein…
Silvestermorgen 2009, Clarissa und ich fahren „mal eben“ 200 km nach Passau, weil ich dort einen Hund ausgemacht habe, von dem ich allein vom Foto weiß, dass er meiner ist und wir zusammengehören. Ich nehme Rossi auf den Arm, er küsst mich und keine Frage, er ist mein Hund. Er wird über 15 Jahre lang in mein Bett hüpfen, unter meine Decke kriechen, sich an mich schmiegen und mich wärmen (auch wenn ich im Sommer gerne drauf verzichten würde) und mir ein ums andere Mal einen Hexenschuss bescheren, weil er mich in eine unbequeme Haltung drückt. Dass er in einem Körbchen neben meinem Bett schläft, redet er mir gleich in der ersten Nacht aus und wir reden dann nie wieder über diese absurde Idee…

Rossi 001

Silvester 2009 war allerdings ein richtiger Scheißtag für den kleinen, während der Autofahrt getauften Rossi. Erst musste er sich von seiner Mami trennen. Dann 2 Stunden Auto fahren. Die Fahrt verbrachte er zwar unter meiner Jacke, aber er war sichtlich unglücklich und weinte, bis er endlich einschlief. Dann bei mir zu Hause wurde er erstmal in der Küchenspüle gebadet, weil er so schrecklich stank. Und weil das alles noch nicht genug Aufregung war, musste er abends auch noch das Silvester-Feuerwerk über sich ergehen lassen. Die ganze Nacht bis in die frühen Morgenstunden wurde immer wieder geböllert und geschossen.

Sollte ich noch mal ein Hundebaby großziehen, würde der 1. Tag anders ablaufen. Aber 2009 gab es noch nicht auf jedem Fernseh-Kanal eine Hundesendung, in der man lernt, wie der erste gemeinsame Tag im Optimalfall abläuft. Also unserer war nicht so optimal. Aber er hat mich trotzdem gleich geliebt, trotz Autofahrt, Badewanne und nachbarschaftlichem Feuerwerk.

Nach Silvester wurde es aufregend. Es hatte wie verrückt geschneit und Rossi tobte begeistert durch den Schnee. Ich war völlig unbedarft  in Sachen Hundeerziehung und ließ ihn ohne Leine rumtollen. Gut, er konnte im Feld nicht viel anstellen, es gab weit und breit keine Gefahrenquellen, aber eigentlich bringt man seinem Hund erstmal bei, zu wem er gehört und übt das Wiederkommen auf Abruf. Ich war zwar total dumm, aber Rossi wusste, dass wir beide zusammengehören und kam nicht auf die Idee abzuhaun. Er hörte schon nach 2 Tagen auf seinen Namen und kam, wenn ich ihn rief. Und er rannte auch schon am 4. Tag Bällen und anderen Objekten hinterher und konnte sie apportieren und zu mir bringen.

Rossi 002

Ich hatte frei und konnte mich in den nächsten 3 Wochen mit Rossis Erziehung beschäftigen. Er lernte, dass er seine Geschäfte draußen macht, er lernte verschiedene Grundbefehle und er brachte mir im Gegenzug bei, dass er zwar prinzipiell weiß, wie es geht, aber nicht immer macht, was ich will. Einfach so, weil er ein kleiner Terrier ist und eigene Vorstellungen hat. Aber er war soooo ein süßes Hunde Baby.

In meiner Wohnung wurde alles mögliche zu Kleinholz zerlegt. Er nagte mehrere Hundeleinen und Mousekabel durch und machte auch der Fliegenklatsche den Garaus. Aber die Schäden hielten sich glücklicherweise in Grenzen, von meinen Schuhen ließ er die Pfoten! Ich musste ihn allerdings immer gut im Auge haben und beschäftigen. Schlafen wollte er nur nachts. Er war ein echtes Energiebündel. Aber sooo lieb. Gott, was hatte ich den Kerle lieb. Und daran hat sich bis zu seiner letzten Minute nichts geändert. Nein, auch bis heute nicht.

Es gibt soooo viele Geschichten aus Rossis Hundeleben. Er war 7 Jahre lang ein Bürohund, dann hat er mit mir im Auto gelebt und ist durch die Welt gekommen. Er war so voller Energie und Action. Er ist noch mit 15 (Schritttempo) neben meinem Fahrrad hergelaufen, bis ich mir den Ellbogen gebrochen hab und ein halbes Jahr aufs Rad verzichten musste. In seinem letzten halben Jahr hat er sehr viel geschlafen. Die Spaziergänge wurden ruhiger und kürzer. Kurz vor die Tür und das Bein heben, reichte ihm meistens schon. Er baute Muskelmasse ab, verwertete seine Nahrung nicht mehr richtig (rein und raus), er wurde immer dünner und klappriger. Vom Höchstgewicht 14 kg (leicht moppelig), die ihm mein Vater zwischenzeitlich angefuttert hatte, über Normal- und Idealgewicht, erreichte er irgendwann ein trauriges Untergewicht von 10 kg. Durch die fehlende Muskelmasse rutschten ihm die Beine auf den Fliesen oder dem Parkett weg. Das war wirklich traurig anzusehen.

Ab 14 Jahren ließ sein Hörvermögen nach, aber wir konnten uns gut über Handzeichen, Winken und Klatschen verständigen. Später konnte er auch nicht mehr so gut sehen. Ich beklebte die Holztreppe mit Teppichfliesen und er konnte, immer an der Wand lang, bis zum letzten Tag noch selbst die Treppen gehen. Manchmal wenn er tief schlief und zu müde war, um aufzustehen, hab ich ihn auch aus dem Büro in mein Schlafzimmer hoch getragen.

Das letzte halbe Jahr wollte er leider nicht mehr in meinem Bett schlafen. Er konnte nicht mehr so geschmeidig rein hüpfen und mochte es auch nicht, wenn ich mich im Schlaf bewegte und ihn anstieß. Nur im Wohnmobil schlief er immer noch unter meiner Decke, eng an meinen Rücken geschmiegt. Seine letzte große Abenteuerfahrt war im März / April, als wir durch die Dolomiten bis Kroatien kamen. Er war also noch mal an der Adria. So schade, dass er keine Lust mehr auf Schwimmen hatte.

Rossi an der Adria

Während des Fahrens schlief er zwischen Fahrer- und Beifahrersitz auf seinem Kissen. Anfang Mai waren wir noch eine Woche in Bayern, seiner alten Heimat. Aber Spazierengehen interessierte ihn nicht mehr, er latschte langsam hinterher, wenn es unbedingt sein musste, blieb aber eigentlich lieber auf seinem Kissen. Ab und zu schaute er mal aus dem Womo raus, was in der Welt so los ist.

Rossi in Slowenien

Dass Lucky im Dezember 2024 bei uns eingezogen ist, fand er glaub ich nicht so toll. Hätte er reden können, hätte er garantiert gesagt, was soll das denn jetzt?  So hat er zumindest immer geschaut. Aber er hat ihn schweigend toleriert. Nur manchmal hat er mich traurig angeschaut, als würde er denken, dass ich Lucky jetzt lieber habe als ihn. Die Zeit war ein bisschen schwierig, weil ich drauf achten musste, dass ich meinem geliebten alten Hund und dem armen neuen Hund (nach dem Tod seines 5. Frauchens) die gleiche / richtige Menge an Aufmerksamkeit und Liebe zukommen lasse, dass sie glücklich sind. Das nächste Foto entstand 3 Tage vor seinem Tod.

3 Tage

Bis zu seinem letzten Tag wollte Rossi immer bei mir sein und ich war in den letzten Stunden bei ihm. Montags waren wir noch beim Doc und außer dass er so abgenommen hatte und schlechte Blutwerte hatte, war alles soweit okay. Nichts hatte danach ausgesehen, dass wir nur noch 2 Tage haben. Die Nacht von Dienstag auf Mittwoch war gut. Er stand morgens auf, wollte auf Toilette, schaffte es aber nicht schnell genug runter. Eine Pfütze landete auf den Fliesen. Ich trug ihn anschließend runter und setzte ihn im Wohnzimmer ab. Er ging noch mal raus in den Garten und entleerte sich. Dann kam er wieder rein, stand auf dem Parkett und man konnte wie in Zeitlupe dabei zusehen, wie ihm die Beine weg sackten. Ich wusste sofort, heute ist unser Abschiedstag. Ich nahm ihn hoch, legte ihn auf den Teppich und legte mich neben ihn. Ich hielt ihn im Arm, streichelte und tröstete ihn.

Nach einer Weile musste ich aufstehen und nach meiner Mutter im Badezimmer schaun, sie war gerade unter der Dusche und ich musste ihr helfen. Obwohl Rossi im Sterben lag, war sein Wunsch nach meiner Nähe so groß, dass er es tatsächlich schaffte, sich noch mal aufzurappeln, sich durch den Flug zu schleppen und sich neben die Badezimmertür zu legen, um bei mir zu sein. Mein lieber Schatz. Ich trug ihn nach dem Duschen wieder ins Wohnzimmer auf den Teppich, er rappelte sich noch mal auf und kletterte in sein Hundekissen unter dem Klavier. Ich lag bei Rossi unterm Klavier und hab ihn noch 1,5 Stunden gestreichelt, bis er aufhörte zu atmen. Sein Herzchen schlug noch 1-2 Minuten weiter, dann war er gestorben. Ich muss immer noch heulen, wenn ich es erzähle.

Ich bin so dankbar, dass er auf diese Weise gegangen ist und ich ihn nicht einschläfern lassen musste. Aber als ich meinen toten Hund in den Armen hielt, hatte ich nur den einen Gedanken, ich will, dass wieder Leben drin ist, er soll nicht tot sein, ich will ihn wiederhaben. Während seines Sterbeprozesses, war alles so klar und unmissverständlich, er stirbt jetzt und es ist gut so. Als ich seinen lebenlosen Körper im Arm hielt, war nix mehr gut. Hätte ich ihn, als er zusammensackte, nehmen und zum Tierarzt rasen sollen? Würde er vielleicht noch leben? Ich weiß, dass unser Abschied eigentlich „gut“ war. So gut, wie man es sich angesichts der Tragik wünschen kann. Aber noch mehr wünsche ich mir, dass Rossi wieder bei mir ist.

2025 Rossi im Garten

 

 

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