Wenn du das erste Mal auf die Äußeren Hebriden kommst, hast du (wahrscheinlich) eine lange Anreise hinter dir und bist gespannt auf die Inseln und was dich erwartet. Mithilfe von Verkehrsschildern gebe ich dir einen kleinen Einblick, welche Gefahren lauern und welche besonderen Begegnungen du haben kannst.
Gefahren:
Die größte Gefahr geht ganz offensichtlich von den Strommasten aus. Darauf macht ein Warnschild aufmerksam, das millionenfach an jeden einzelnen Strommast genagelt wurde, quer über alle Inseln.
Und damit es auch jeder wirklich versteht, wird das Schild sicherheitshalber von allen Seiten angenagelt und auf unterschiedlichen Höhen – für den Fall, dass es jemand auf Bodenhöhe übersieht. Wenn er hochklettert, wird er auch noch mal weiter oben über die Gefahr informiert!
Was man im Straßenverkehr beachten muss:
Das wahrscheinlich zweithäufigste Schild auf den Western Isles ist das Passing Place Schild. Abgesehen von einigen Hauptverbindungen sind die meisten Straßen auf den Hebriden Singletrack Roads = einspurige Straßen mit Ausweichbuchten in 50 bis 100 m Abständen.
Der Passing Place hat zwei offizielle Funktionen und einen praktischen Zusatznutzen. Man fährt in die Bucht, um den Gegenverkehr vorbei zu lassen, oder damit ein eiligeres Auto überholen kann. Anschließend winkt man sich freundlich zu und hat einen neuen Freund gewonnen.
Außerdem wird die Bucht auf wenig befahrenen Straßen gerne für einen kurzen Stopp genutzt, um die Aussicht zu genießen oder ein Foto zu schießen. Wenn nur wenige Autos unterwegs sind, kann man das problemlos machen. Kann allerdings auch sein, dass der Passing Place schon besetzt ist…
Hier wird die Benutzung noch mal genauer erklärt.
Achtung, es rappelt!
Dritthäufigstes Schild ist nach meinem Empfinden das Cattle Grid Schild. Das Gitter hält Schafe, Kühe oder auch Pferde auf ihrer Seite des Zauns, während Autos mit ratterndem Getöse drüber hinweg fahren und das Areal verlassen können. Mein Hund Rossi hasst die Dinger und zieht jedesmal den Kopf ein, wenn ich vor dem Gitter leicht abbremse.
Tierische Verkehrsteilnehmer:
Zum Gitter passend gibt es natürlich auch Schafwarnschilder. Aber da die Inseln sowieso eine einzige Schaffarm sind, werden sie nur sparsam aufgestellt.
Die Schafe, die die Wolle für den weltberühmten und geschätzten Harris Tweed liefern, sind überwiegend Blackface Schafe. Sie sind wetterunempfindlich und das ganze Jahr über draußen.
Einige der Blackface-Schafe haben fast reinweiße Faces. Aber in ihrer Seele sind sie schwarz!
Da die Schafe ALLES abfressen, sind nicht nur private Gärten sondern auch das gesamte riesige Lewis Forrest Areal umzäunt. Sonst gäbe es da keinen Wald. Während der Eisenzeit waren die Hebriden noch ein waldreiches Gebiet, bis die Schafe kamen…
Wie die Schafe müssen auch die Kühe wetterresitent sein.
Die Rassen, die man hier trifft, sind Highland Cattle, Galloways, Dumfries, Shorthorn (eine US-Rasse – siehe Foto oben und nächstes Bild).
Quadratisch, praktische Aberdeen Angus…
Und dann gibt es noch gemixte Rassen. Die beiden Jungs fanden mein Auto jedenfalls ganz toll und wollten gar nicht mehr gehen.
Hirsche gibt es auch, aber längst nicht so große Rudel wie in den Highlands auf dem Mainland.
Auf North Uist und den südlichen Hebriden Inseln ziehen viele Bodenbrüter ihre Jungen groß. Weil es bei Vögeln kaum „Achtung“-Schilder gibt, haben sich die Vogelfreunde selbst geholfen…
Die Wahrscheinlichkeit, dass man in der Nähe dieses Schildes auf Otter trifft, ist nicht sehr groß. Aber es kommt vor, dass sie auf den Damm rennen und bei einer Begegnung mit Autos nicht ausweichen können. 🙁
Das nächste Schild steht auf dem Gelände einer Salmon (Lachs) Räucherei. Der Wildlachs in den Lochs und Flüssen lockt viele Angler auf die Hebriden. Er wird aber auch in den verzweigten Fjorden der Ostküste gefarmt.
Während das Angeln im Meer „frei“ ist, muss man für das Fischen in Seen und Flüssen Angelkarten kaufen. Das Schild vor dem Friedhof wirft allerdings Fragen auf…
Fly Only? Für Angler einer klare Anweisung: Hier ist nur Fliegenfischen erlaubt.
Achtung Männer auf der Straße! Das klingt interessant für Autofahrerinnen.
Viele Crofter (eine besondere Form von Landwirten auf den Hebriden und in den Highlands) haben das Problem, dass sie keine Frau finden. Laut Donald werden sie gerne von jungen Frauen aus London geheiratet. Nach dem Genuss mehrer Gläser Wein (und Gin war auch dabei) hat er folgende Geschichte erzählt: „Ein Crofter, der nie eine Frau hatte, heiratete im Alter von 72 Jahren eine 35 jährige Engländerin. Die Verehelichung brachte ihn ins Radio, wo er zum Schluss gefragt wurde, ob es etwas gibt, das ihn überrascht hat. Darauf überlegte er einen Moment und sagte dann: „Ich habe nicht gewusst, dass man soviel Spaß haben kann, ohne zu lachen.“
Der Hebriden Way ist eine „Radstrecke“, die über 204 km von Vatersay bis Lewis über 10 Inseln führt.
Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob die Leute wissen, was für eine Tortour diese 204 km sein können. Der Britische Langstrecken Radfahrer Mark Beaumont hat die Strecke in 24 Stunden geschafft. Klingt nicht wie eine besondere Leistung? Wer die Radfahrer schon mal gesehen hat, wie sie gegen Sturm und Regen auf den teils heftigen Steigeungen kämpfen, wird nicht glauben, dass man das in 24 Stunden bewältigen kann. Es sind übrigens vorwiegend Gruppen von älteren Herren, die man auf auf der 780 auf dem Fahrrad sieht.
Ein Problem bei der Tour sind auch die single track Roads. Die Straßen sind zu schmal, dass Radfahrer und Autos aneinander vorbei kommen.
Eine weitere Herausforderung für Auto- und Radfahrer auf den Straßen der Western Isles sind die Blind Summits.
Ich weiß gar nicht, ob es im Deutschen Straßenverkehr ein Wort dafür gibt. Summit = Gipfel. Die Straße verläuft über eine Anhöhe, die den Blick auf den weiterführenden Weg versperrt. Während man den Berg hochfährt, ist man völlig ahnungslos, wie die Straße oben weiter verläuft und ob man dort auf ein entgegenkommendes Auto trifft. Wenn man zu schnell drüber fährt, „fliegt“ man und der Magen macht einen ordentlichen Hüpfer.
Die absolute Achterbahnstrecke ist die Straße nach Huisinis (gesprochen Huschinis). Es ist definitiv die krasseste Straße, die ich je gefahren bin. Dagegen sind die Dolomiten Kinderkarussel. Aber es lässt sich noch toppen, wenn man die Straße bei Sonnenuntergang befährt… Da kann man wirklich nur hoffen, dass der Gegenverkehr mehr als man selber sieht. Nächstes Bild: Die Straße mit dem Blind Summit ist links.
Nachdem 20 Familien aus Platzmangel die Insel Scarp verlassen und in Huisinis und Umgebung neue Crofts zugewiesen bekommen hatten, fehlte nur noch eine Straße. Einer der Scarper bekam von seiner Verlobten zu hören, dass sie ihn erst heiratet, wenn er ein Haus für sie gebaut hat. Das ging indess nicht so schnell, weil es keine Straße gab. 10 Jahre hat er an der Straße mitgebaut, damit er mit dem Häuserbau beginnen konnte. Kaum war das Fundament fertig und die Wände standen, das Haus hatte noch kein Dach, wurde geheiratet. Zitat Donald: „Das war ein Fest! Davon erzählen die Leute noch heute.“ Das Haus steht noch, und das Pärchen wohnt noch drin.
Unzählige Schottenwitze berichten von der Sparsamkeit der Schotten. Ich hab einen Beweis in Schildern gefunden. Wenn man nach Reinigeadal fährt , liest man auf der Hinfahrt:
Weil man so ein schönes Stück Holz bestmöglich nutzen muss, wird das Schild bei Bedarf umgedreht… Auf der Rückseite gibt es Eier zu kaufen.
Um jetzt langsam mal zum Schluss zu kommen, ein schönes Schild, dass die gelebte Community auf den Hebriden belegt.
Wobei ich nicht weiß, was sich die Royal Bank of Scotland bei diesem Button gedacht hat: Keine Ahnung, wie ein Rollstuhlfahrer die Treppe hoch kommen soll, um durch die geöffnete Türe zu rollen???
Mein Lieblings-Huuuuuh-Schild hat das Verteidigungsministerium auf Benebecula an einer militärischen Anlage angebracht. Ich liebe den Satz „within the meaning of the Official Secrets Act…“
Und waaaah – das gibt’s doch nicht, denkt man in Barra, wenn man zum Flughafen fährt. Der Barra Airport wurde 1936 eröffnet. Besonderheit: Er ist gezeitenabhängig. Nur bei Ebbe kann auf dem weiißen, harten Muschelkalk Strand gestartet / gelandet werden.
Noch zwei Schilder mit absoluten Seltenheitswert. Ich hatte sie nur zufällig, halb versteckt im Gebüsch, entdeckt und hab sie noch nie vorher gesehen.
Das war’s mit der kleinen Schildertour über die Äußeren Hebriden. Ich hoffe du hattest genauso viel Spaß dabei, wie ich beim Aufspüren der Schilder 😉