Die Halligen meldeten Land unter: peitschender Sturm, tosende See und seit Tagen Dauerregen, dazu waren es gefühlte -10° C. Knapp 200 km weiter nördlich verbrachten wir derweil die Weihnachtstage in einem Ferienhaus in den Dünen. Ich hatte uns ein Ferienhaus auf Holmsland Klit gebucht, einem 30 km langen Dünenstreifen zwischen dem Ringkøbing Fjord und der Nordsee. Zur besseren Vorstellung für Dänkemark-Unkundige: Von Sylt aus, etwa 200 km nordwärts die Küste hoch, da liegt Holmsland Klit. Klingt nach einer Theodor Storm Novelle, ist aber keine.
In unserer Ferienhaus-Siedlung gab es glücklicherweise kein „Land unter“, bei anderen hatte der Dauerregen der letzten Woche neue Seenlandschaften entstehen lassen. An ausgedehnte Spaziergänge am Strand, wie wir es uns für die Weihnachtsferien vorgestellt hatten, war bei dem Sturm jedenfalls erstmal nicht zu denken.
Weil gleich nach 30 km Autobahn ein Unfall unsere Zeitplanung komplett durcheinander gebracht hatte, kamen wir im Dunkeln an. Kein Mond, keine Sterne, keine Straßenbeleuchtung, stockdunkel! Aber abgesehen, von einer kleinen Unsicherheit, ob ich die richtige Abzweigung auf die Klit-Straße erwischt habe, oder auf der falschen Fjordseite unterwegs bin, hab ich geradewegs hingefunden. Einmal beim Supermarkt halten, klärte alle Zweifel, wir waren richtig. Erste Amtshandlung im Ferienhaus: Die Flasche alkoholfreien Glögg heißmachen, die mir Clarissa mit auf die Reise gegeben hatte. Freunde sind echt was Gutes.
Die nachfolgenden Fotos sind nicht chronologisch sortiert, sondern so gewählt, dss sie mein Erzählen bebildern. Also nicht wundern, wenn mal Schnee liegt, mal die Sonne scheint. Die ersten drei Tage war das Wetter jedenfalls schrecklich. Dazu war es auch noch sehr dunkel. Erst ab Heiligabend wurde es endlich besser.
Das war also unser Ferienhaus für eine Woche. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen, hab ich es nur einmal fotografiert und das bei Regen. Wahrscheinlich fand ich die anderen Häuser einfach hübscher als unseres.
Gleich neben dem Wohnzimmer gab es im Haus einen kleinen Swimmingpool. Vorteil eines Swimmingpools im Haus – man hat einen Swimmingpool! Nachteil, man hat eine hübsche Stromrechnung, die nicht im Mietpreis inbegriffen ist und die viele Eintrittskarten ins nahegelegene Schwimmbad getragen hätte.
Fast dreißig Jahre sind wir über die Vogelfluglinie durch Dänemark nach Schweden gebraust, aber Urlaub in Dänemark hatten wir noch nie gemacht und an der Westküste waren wir auch noch nicht. War also richtiges Neuland. Die größte Überraschung für uns Deutsche war, dass in den Dünen gebaut werden darf.
Über Holmsland Klit verteilen sich mehrere Feriensiedlungen mit Privathäusern, Appartment-Anlagen und Campingplätzen. Unsere Siedlung hieß Tinggodden und zog sich etwa über 3 km hin. Von der Hausnummer her endete sie irgendwo bei 400 nochwas.
Es gibt aber reichlich Platz zwischen den Häusern und die Dünen versperren den direkten Blick ins Wohnzimmer der Nachbarn. Man hockt also nicht zu dicht aufeinander.
Größere Ortschaften gibt es auf Holmsland Klit nicht. Ungefähr auf der Hälfte des Klits (Düne) liegt Hvide Sande (weißer Sand). Der Ort hat zwar nur etwas über 3.000 Einwohner, ist aber der fünftgrößte Fischereihafen von Dänemark – was nur unschwer zu übersehen ist, an jeder Ecke findet man ein Fischgeschäft oder eine Räucherei. War das herrlich – mein Vater mitten im Fischparadies.
Wir hatten Aal, Dorsch, Krabben und frische Schollen. Er hätte auch angeln können – das war seine erste Frage, als von Weihnachten an der Nordsee und Dänemark die Rede war. Auf Holmsland Klit gibt es nicht nur Meer satt sondern auch mehre Süßwasser-Seen, für die man sich einen Angelschein holen kann und auf der Fjordseite sogar Salzwasser-Angelseen.
Wäre das Wetter besser gewesen, mein Vater jünger und fitter, hätten wir von ihm wahrscheinlich nicht viel gesehen.
Sturm und Wetter und wenig Tageslicht zum Trotz, haben wir uns jeden Tag vor die Tür gewagt und immerhin auch zwei kleine Ausflüge auf Holmsland Klit unternommen. Einmal sind wir ans Südende gefahren und einmal ans Nordende – unser Ferienhaus war genau in der Mitte. Weiter sind wir nicht gekommen.
Der Süden von Holmsland Klit ist nicht so dicht mit Ferienhäusern besiedelt wie die Mitte. Ein Teil des Gebietes wird auch für Militärübungen genutzt.
In der Nebensaison soll es schon mal ordentlich rumsen. Weil’s mich interessiert hat, hab ich auf der Internetseite der dänischen Streitkräfte geschaut, wann denn mit Rumserei zu rechnen ist. Das erfährt man in dänisch, englisch und deutsch. Also mehr oder weniger in deutsch. Am spannendsten klingt das folgende Manöver: „Scheissen mit Krieg und Ûbungsmunition ûberall im Gelânde mit leichten Waffen.“ Ich hab den Jungs eine E-Mail geschickt, dass hier der Austausch zweier Buchstaben zu empfehlen wäre. Sie haben sich weder für meine E-Mail bedankt, noch die Buchstaben ausgetauscht. Tja, dann bin ich’s auch nicht schuld.
Von frühen deutschen „Besuchern“ auf Holmsland-Klit sprechen die diversen Bunkerbauten in den Dünen.
Am anderen Ende von Holmsland Klit liegt der kleine Badeort Søndervig mit Dänemarks bestem Badestrand. Ist zumindest auf einer Urkunde zu lesen.
Wir haben den Badestrand nicht näher getestet und sind auch nicht bis zum Vinterbadefestival geblieben. Sonst hätten wir uns natürlich am 31. Dezember mit hunderten Verrückten in die Fluten gestürzt. *hüstel* Das Wasser hatte frische 4 Grad, aber es gab anschließend einen kleinen Schnaps. Der hat bestimmt schnell wieder aufgewärmt.
Dänisches Konditor Gebäck hat ja einen sehr guten Ruf. Also rein zum nächsten Bäcker. Die Baiser-Kloppse (nächstes Bild) sahen interessant aus, kamen aber nicht so richtig gut an. Keine Ahnung, was da für eine violette Geschmackszutat drin ist – Blaubeer, Holunder, schwarze Johannisbeere, Veilchen? Nach dem ersten Knirschen blieb die Masse an den Zähnen haften und hinterließ einen leicht bitteren Nachgeschmack. So blieb das meiste von dem Klopps liegen, bis er (vermutlich) durch meine Mutter entsorgt wurde.
Als zweite kulinarische Herausforderung hab ich meinen Eltern Makrelensalat vorgesetzt. Kam auch nicht so gut an. Aber ich wollte es zumindest probiert haben.
Das muss ich auch noch zeigen, das technische Highlight in unserem Ferienhaus. Ein Freihand-Wendetoaster
Ob nun Søndervig den schönsten Badestrand hat, oder nicht, es war eigentlich überall schön auf Holmsland Klit. Am letzten Tag konnten wir auch endlich einen richtig langen sonnigen Spaziergang am Strand machen. Winter am Meer kann großartig sein.
Vorsichtiges Schlittschulaufen im Hafengelände
Ein Eisbrecher hält das (Trink)Wasser offen
Kein Sturm, kein Regen, knackig kalt mit Sonnenschein von oben
Geheime Botschafen im Sand…
Hier hat sich der Weg zweier Möwen gekreuzt.
Rossi nach gefühlten 20 km Balljagd.
Der Kanal zwischen Nordsee und Ringkøbingfjord (die einzige Einfahrt in den Fjord) ist nur schmal.
Im Hafen von Hvide Sande (Nordsee-Seite)
Das spiegelnde Wasser belegt die Windstille nach dem tagelangen Sturm.
Im Hafen auf der Fjord-Seite
Am Ufer des Ringkøbingfjord in Hvide Sande werden auch Übernachtungen in Bootshäusern, direkt an der Wasserkante oder auf Hausbooten angeboten.
Nach zwei Tagen unter Null bildete sich auf dem Fjord bereits eine dünne Eisdecke.
Die Nachbarn haben einen Schneemann zusammengekratzt.
In der nächsten Ferienhaussiedlung weiter südlich, war der Dünengürtel um einiges breiter als bei uns, aber dafür nicht so steil und unüberwindbar.
Bei der alten Frau in den Dünen musste ich wieder an Theodor Storm und seine Novellen denken. Sie könnte eine seiner tragischen Figuren sein.
Weil’s so schön war, haben wir auf den Sonnenuntergang gewartet. Korrekterweise müsste ich in Einzahl schreiben. Also ich habe gewartet. Meine Eltern waren nicht dabei und Rossi war damit beschäftigt irgendwelches Strandgut auszugraben, die Sonne war ihm wurscht.