Gestern ist mir bewusst geworden, dass mein Hund aus der Kombination verschiedener Menschen und Orte einen festen Tagesablauf entwickelt, der dann bitteschön genauso und nicht anders, ablaufen muss. Gestern Abend sind wir aus Dänemark zurückgekommen. Dort war sein üblicher Tagesablauf erstmal außer Kraft gesetzt. Also hat er sich einen neuen erstellt.
Der sah vor: Schlafen, bis sich einer im Haus rührt, dann randalieren und darauf drängen, dass die Haustür geöffnet wird. Rausschießen, die Mülltonne anbellen, hier und da ein bisschen pieseln und die Lage peilen.
Dann zurück, um Einlass bellen und das Frühstück einfordern. Anschließend aufs Sofa und weiterschlafen. Wir haben ziemlich schnell kapiert, wie er es haben möchte, es gab also nur selten Beanstandungen.
Bei mir zu Hause sieht der Ablauf komplett anders aus. Schlafen bis der Wecker klingelt, und weil dann alles etwas schleppend voran geht, einfach im Bett liegen bleiben, bis ich mir die Socken anziehe. Das ist sein Signal, dass es gleich losgeht. Gerade noch der tiefenentspannte Hund, kommt er wie ein Pfeil angeschossen und trippelt ungedudig neben mir her, bis sich endlich die Haustür öffnet. Als erstes rennt er die Nachbartreppe hoch und checkt, ob die Katzen noch was Futter übrig gelassen haben. Das verleibt er sich schnellstens ein, bevor er von mir runter zitiert wird. Erst danach merkt er, dass er Druck auf der Blase hat. Wenn er den los ist, können wir mit Zwischenstopp im Wald zur Arbeit fahren.
Frühstück gibt es wenn wir im Büro ankommen. Abendbrot wird dann zu Hause serviert, wenn wir von der Arbeit zurück sind. Sollte er auch abends noch schnell die Katzen-Futternäpfe geleert haben, heißt das nicht etwa, dass das Abendbrot ausfällt. Aber nein! Kaum sind wir zur Tür rein, hat er sein Futter zu bekommen, so läuft das!
Am Wochenende wird geschlafen, bis ich irgendwann beschließe, aufzustehen. Bis dahin ist von Rossi kein Mucks zu hören, außer er schnarcht. Ich kann auch das Bett verlassen und noch ein paar Stunden in der Wohnung rumrödeln. Er schläft weiter, interessiert ihn nicht. Er wird erst dann munter, wenn ich meine Socken anziehe! Die Socken scheinen so eine Art Pawlowsche Glocke für seine Morgentoilette zu sein.
Bei meinen Eltern sieht die Sache wieder anders aus. Mein Vater hat da ja seine eigenen Vorstellungen, wie der Tagesplan für meinen Hund abzulaufen hat. Und weil dem Hund das gefällt, hat er da gleich eine dauerhafte Regel draus gemacht. Sobald meine Eltern in der Nähe sind, egal ob bei ihnen oder bei mir zu Besuch, wird mein Hund zum Frühaufsteher. Derselbe Hund, der sonst schonmal bis Mittags pennt, steht plötzlich um 7 auf, legt sich vor der Badezimmertür ab und wartet ungeduldig, dass mein Vater endlich fertig wird und die erste Runde mit ihm geht.
Dann gibt es Frühstück, für ihn aus dem Napf, für meine Eltern am Tisch. Und weil mein Vater andere Ansichten in puncto Hund am Tisch füttern hat als ich, gibt es für Rossi kurz vorm Abräumen kleine Blutwurst- oder Käsehäppchen von meinem Vater. Wenn die weg sind, marschiert er weiter zu meiner Mutter. Hier fordert er hartnäckig (auf die Hinterbeine stellen und am Arm kratzen!) eine Runde Streicheleinheiten ein.
Nach dem Frühstück wird er zum Fahrradfahren angeschirrt. Wieder zurück, schaut Rossi unterm Tisch liegend beim Kochen zu – es könnte ja mal zufällig was in den Hund rein fallen… Nach dem Mittag hält er mit meinen Eltern ein Mittagsschläfchen. Sobald sich mein Vater rührt, springt er auf – los geht’s zum Nachmittags-Spaziergang. Nach den Nachrichten steht die letzte Runde an.
Gestern Vormittag waren wir noch in Dänemark, wo die dänischen Regeln galten. Alles ganz entpsannt auf Urlaub eingestellt. Obwohl ich kurz vor Ankunft bei meinen Eltern noch um 19 Uhr am Ortseingang eine Runde mit ihm gegangen war, damit er später nicht mehr raus muss, hat der Dackel sofort gerafft: Ah, wir sind jetzt wieder hier, da geht es nach dem Abendessen noch mal raus. War echt schwierig, ihm das auszureden. Heute nach dem Frühstück stand für ihn das übliche Radfahren auf dem Programm. Wir waren schließlich bei meinen Eltern und da läuft das immer so! Wie erklärt man einem Hund, dass die Radtour wegen Glatteis ausfallen muss?