Wenn man nur einen Tag in Albanien unterwegs war, hat man anschließend einen völlig neuen Fahrstil. Man rechnet grundsätzlich mit allem, kommt an allen Hindernissen vorbei, fährt durch sie durch oder drüber weg, fährt Slalom…
Dass Autofahren in Albanien eine spezielle Angelegenheit ist, hatte ich schon vor zwei Jahren festgestellt. Diesmal hab ich es ein bisschen genauer dokumentiert. Während ich 2010 die meiste Zeit keine Ahnung hatte, wo ich eigentlich bn, hatte ich diesmal eine bessere Landkarte dabei. Sie hat mich tatsächlich gut durch’s Land geschleust. Allerdings war ich auch nicht auf völlig abgelegenen Straßen unterwegs.
Nach der Griechisch-Albanischen Grenze ging es in Richtung Sarande erstmal ganz entspannt los… Schöne neue Straße, schöne Landschaftsausblicke, wenig Verkehr, ruhiges Fahren… totaler Genuss.
Verkehrsschilder hab ich allerdings nur wenige mitgebracht. Der Grund: Es gibt keine albanischen Schilder. Früher haben sie keine gebraucht, weil eh alle mit dem Eselkarren unterwegs waren. Heute stammen sämtliche Schilder aus Italien. Die häufigsten waren Überholverbot, Kurve und Überholverbot. Ein paar „Achtung Kinder“ Schilder gab es auch, aber ich hab nichts original „albanisches“ gesehen.
Die obgligatorischen Bunker, die es überall an der Küste und im Grenzraum gibt. Sie stammen aus der Zeit, als sich Albanien komplett von der Außenwelt isoliert hatte und keinen ins Land lassen wollte.
Albanien war das weltweit erste Land, das seine Religionslosigkeit deklarierte und atheistisch wurde. Inzwischen sind viele Albaner wieder zum christlichen oder moslemischen Glauben zurückgekehrt. Die Gotteshäuser sind alle gut in Schuss.
Noch ein bisschen Landschaft und Gegend.
Beim Anblick dieses Berges (nächstes Bild) dachte ich nur: Oh nein, ich will da nicht hoch, ich will unten bleiben. Aber es ging natürlich da hoch. Und es war letztlich auch nicht so schlimm wie es von unten aussah.
Fast oben…
Die Aussicht hat dann für die Quälerei entschädigt.
Oben wartete der Honigmann, der mir seinen Spezialhonig zum Kosten anbot – „përpjekje“. Leider hatte ich kein albanisches Geld, sonst hätte ich gerne was gekauft. Frischen Thymian und andere Kräuter hatte er auch.
Ein „junger“ Reitersmann…
Ein kleines Dorf, nett und unproblematisch zu durchfahren, kaum von einem Dorf in Griechenland oder Kroatien zu unterscheiden.
Nach dem Dorf war es mit der schönen asphaltierten Straße leider vorbei. Und dann versperrte eine riesige Herde Schafe die Straße. Der Typ hinten telefonierte beim Scahfe treiben. Den interessierten weder die Schafe noch das Auto (ich) hinter der Herde. Telefonieren ist eine sehr beliebte Beschäftigung im Balkan. Alle rennen mit Handys durch die Landschaft, ganz egal, was sie gerade treiben….
Weil der junge Mann telefonieren musste und es ihn auch nicht weiter störte, dass ich vorbei wollte, hab ich es mal auf der linken Seite versucht. Er hat dann ein paar Schäfchen gescheucht, dass ich eine schmale Gasse hatte, die bis zur nächsten Horde reichte…
Der zweite junge Mann hat dann auch ein paar Schäfchen nach rechts gescheucht und es ging wieder ein Stück weiter. Als ich halb durch war, kam von hinten ein LKW, der hat ordentlich gehupt und dann ging es schneller vorran.
Unterwegs mit dem Esel… Die Straße war mal ein paar Meter asphaltiert, mal nicht. Interessant ist auch der Häuserbau. Nicht von unten nach oben, sondern von innen nach außen.
Dann die erste Baustelle
Links auf dem Schotter fahren…
Rechts auf dem Schotter fahren…
Kleines Überholmanöver auf dem Schotter…
Links auf dem Teer fahren. Das zog sich über endlos viele Kilometer hin.
Irgendwann war die Straße wieder normal befahrbar. So ging es weiter bis Sarande. Auf dem Foto sieht Sarande eigentlich harmlos aus.
Aber ich hab die Abzweigung nach Vlore verpasst und bin so voll in die Stadt gekommen, wo ich wie eine Blinde herum irrte, bis ich am Friedhof in eine Sackgasse und mitten in eine Beerdigungsfeier geriet. Also umdrehen und zurück. Die Schwierigkeit ist, dass es nahezu keine Ausschilderungen gibt und jeder die Verkehrsregeln so interpretiert, wie es ihm gerade am besten passt: Mitten auf der Straße parken und mit Freunden schwätzen, jeder hat Vorfahrt und alle haben es eilig und versuchen dich zu überholen…
Danach brauchte ich ein kühles Bad in der kristallklaren Adria…
Des war sche!
Ab Fier begann die „Autobahn“. Oder besser gesagt, entstand die Autobahn. Aber nach den letzten Hoppelstunden war selbst eine halbe Autobahn (befahrbar war nur die linke Seite) eine gute Autobahn.
Von der griechischen Grenze bis Fier sind es etwa 150 km, für die ich 5 (!!!) Stunden brauchte. Die meiste Zeit konnte ich nicht schneller als 40 oder 50 km/h fahren. Da war die halbe Autobahn geradezu paradiesisch.
Allerdings ist die Autobahn in Albanien ein ganz spezielles Abenteuer. Da gibt es Fußgänger, die mal schnell über die Autobahn rennen, um auf die andere Seite zu kommen. Auch als Spazierweg ist die Autobahn sehr beliebt.
Ein paar Kilometer weiter war in der Mitte ein etwa 1,5 m hoher Betonwall. Sprich, es war noch weniger Platz, um dort zu stehen. Das hinderte ein paar junge Männer nicht daran, sportlich über den Wall zu springen und über die Autobahn zu rennen.
Dann gibt es Leute, die ihre Kühe am Autobahnrand zum Weiden ausführen…
Man kann neben der Autobahn Obst und Gemüse oder auch ganze geschlachtete Schafe kaufen… Manchmal kommen einem Radfahrer oder Mopedfahrer entgegen…
oder man fährt Seite an Seite mit einem Radfahrer.
Autobahn-Ausfahrten oder -Kreuze, so wie wir sie kennen, gibt es nicht. Entweder man gelangt über einen Seitenweg direkt auf die Autobahn oder zur Tankstelle, Supermarkt etc., oder ein Kreisel regelt den Richtungswechsel. Schönheitsfehler, die Autobahn ist danach meist ne Weile zu Ende und man hoppelt durch eine Stadt oder durch die Landschaft, bis das nächste Stück Autobahn kommt.
Was allerdings „gut“ ist: egal, in welchem Zustand sich die Straße befindet, man darf drauf fahren. Was anderes wäre auch nicht machbar, da es keine Ausweichstraßen gibt.
Auch sehr interessant gelöst: Kreisel Rasenpflege per Schaf…
Autobahn sponsert by Nestle. Die großen Werbeflächen an der Straße gibt es fast überall im Balkan. Bulgarien war geradezu zugepflastert damit.
Hier gibt es nur Benzin, auch wenn Kastrati nach einem unangenehmen Eingriff an der Männlichkeit klingt.
Und das ist das letzte Bild, schon ziemlich nahe der Grenze zu Montenegro. Insgesamt hab ich für die Strecke gerade durch Albanien 10 Stunden gebraucht. Also mal schnell die Küste runterfahren kann man sich abschminken.
Und ganz ungefährlich ist es auch nicht. Rechts und links der Autobahn stehen unzählige Kreuze und Gedenktafeln der Verkehrsopfer. An einer Stelle, stand ein alter Mann mitten auf derAutobahn, legte einen Kranz ab und sprach ein Gebet. Rechts am Straßenrand saß sein Sohn oder Enkel und wartete, dass der Alte wohlbehalten wieder auf die andere Seite kam. Das Bild von dem alten Mann werde ich sicherlich nie vergessen.