Es ist der 5. Juni 2017. Ich stehe unterhalb der Church of Our Lady, Star of the Sea in Castlebay auf der Insel Barra und mir laufen die Tränen runter. Ich dachte, die Absperrungen, das ungewöhnlich große Polizeiaufkommen, der Rettungswagen und die Fernsehteams würden eine Pfingstprozession begleiten. Aber das ist es nicht.
Nachdem ich die Aufbauten gesehen hatte, wollte ich schnellstens weiterfahren, bevor die Prozession die Straße blockiert. Aber dann kam ein Bus mit Jugendlichen in Kilts vorgefahren, ein oder mehrere Dudelsäcke waren auch zu sehen. Insgeheim musste ich grinsen: Fast wie bei uns in Haunshofen City, wenn der Trachtenverein aufmarschiert. Ich beschloss zu bleiben und mir den Auftritt des schottischen Trachtenvereins anzusehen. Ich wusste ja nichts…
Ich schoss einige Fotos der Gruppe, was mir missbilligende Blicke einbrachte. Ist es ungehörig bei schottischen Pfingstprozessionen zu fotografieren? Dann fuhr das Fahrzeug des Bestattungsunternehmens vor, im Fenster war mit Blumen das Wort „Daughter“ gestaltet.
Die Trauergäste standen bis draußen vor der Kirche und durch die halbe Ortschaft entlang der Straße. Nahezu alle 1.100 Einwohner von Barra waren gekommen, um von Eilidh Abschied zu nehmen. Alle Geschäfte hatten geschlossen.
Die Trauerfeier dauerte zwei Stunden und begann mit einem Popsong von Ariana Grande. Auf der Straße und in der Community Hall waren Lautsprecherboxen aufgestellt, damit auch die Menschen draußen den Gottesdienst verfolgen und von Eilidh Abschied nehmen konnten.
Ich erfuhr, dass Eilidh ein fröhliches 14-jähriges Mädchen war, das Dudelsack gespielt hatte, bei facebook war und ihr Zimmer nicht aufräumte. Ein ganz normaler Teenager. Und dass sie die letzten Tage ihres Lebens sehr sehr glücklich war. Sie war in Manchester, war in der Stadt shoppen, im Kino und im Konzert ihres Idols Ariana Grande. Dort ist sie am 22. Mai 2017 gestorben. Sie war eines der 22 Opfer, die bei dem Sprengstoff-Attentat in Manchester ums Leben gekommen sind.