Eines hatte ich mir für meinen Besuch der Shetland Inseln ganz fest vorgenommen. Ich wollte unbedingt einen Otter sichten. Auf den Orkney Inseln war mir das leider nicht gelungen, obwohl das Otter Warnzeichen gleich vor dem Tesco Markt in Kirkwall stand. Aber immer wenn ich vorbei kam, war kein Otter da. Als ich auch auf den Shetlands mehrere Otterschilder entdeckte, stand es fest: hier sollte es geschehen!
Ich machte mich ein bisschen schlau über Otters crossing auf den Shetlands, was haben sie für einen Tagesrythmus, wann und wo kann man sie sehen? Die Angaben waren eher ungewiss. Ich fand heraus, dass man sogar eine Ottersafari machen kann. Ich vertraute aber auf die vielversprechenden Schilder und dass ich einfach nur zur rechten Zeit lang genug warten musste.
Deshalb versuchte ich es gleich an meinem zweiten Tag mit frühem Aufstehen. Auf dem Weg zu meinem Campsite war ich gestern kurz vor Eshaness auf Otterschilder gestoßen. Hier wollte ich mein Glück versuchen. Also um 5 Uhr aufstehen und los. Es war noch gar nicht richtig hell. Nicht, dass ich ne Ahnung gehabt hätte, ob die Otters zu der Zeit überhaupt aufgestanden sind.
Erstmal hatte ich eine special Begegnung mit einem Eissturmvogel. Die kannte ich ja schon ganz gut von Orkney, aber der hier war ein bisschen doof. Er flog im Straßenverlauf genau vor mir her und hatte nicht gleich den richtigen Schwung, um höher zu steigen. Das führte dazu, dass er sich von mir bedroht fühlte, Panik kriegte und seinen Magensaft auf mein Auto spuckte. So sieht es aus, wenn man die volle Magenladung eines Eissturmvogels abbekommt – im wahrsten Sinne des Wortes ätzend!
Der ölige Dreck überzog die ganze Frontscheibe, die Seiten und das Dach. Ich konnte nichts mehr sehen und musste anhalten, um den Dreck wegzuputzen. Zum Glück waren nicht alle Vögel so schlecht gelaunt.
Eine halbe Stunde später war ich an der Stelle mit den „crossenden Ottern“ – sie mussten nur noch kommen…
Standort war Mavis Grind. Ein geologisch interessanter Ort – hier sind Nordsee und Atlanik nur durch eine schmale Landzunge getrennt. Es ist laut Besucherinformation der einzige Ort in United Kingdom, wo man am Ufer des Atlantik stehend einen Stein in die Nordsee werfen kann. Man muss natürlich ordentlich werfen können für die Nummer. Links die Nordsee und rechts (etwa 20 Meter außerhalb des Bildes) der Atlantik!
Tatsächlich ist die Landzunge an der Stelle so schmal, dass hier früher die Boote über Land ins andere Meer gezogen wurden. So mussten die Fischer nicht die lange und gefährliche Fahrt um Nord-Shetland machen. Bis in die 50er Jahre gab es diese Verladungen.
Ein paar Schafe hießen mich willkommen, aber von Herrn Otter war leider nichts zu sehen.
Aber er war da! Der Mistkerl, er hatte seine Spuren hinterlassen: Geknackte Krebse, Langusten und Jakobsmuscheln in den Felsen sind deutliche Indizien, dass er hier regelmäßig seine Mahlzeiten einnimmt. Aber um welche Uhrzeit?
Also leider kein Otter. Dafür sammelte ich einen Stapel der geleerten Jakobsmuscheln ein und fotografierte noch ein bisschen die kleinen erdnahen Blümchen. Als ich hier gestern vorbei kam, kroch eine Truppe Fotografen auf dem Boden rum und fotografierte den gelben Hufeisenklee. Wahrscheinlich wollten sie genau wie ich Herrn Otter sehen und haben sich alternativ mit den Blümchen beschäftigt. Also hielt ich es ebenso.
Wie die lila Blümchen heißen, weiß ich nicht. Sie sind in der Wild Flowers Broschüre nicht aufgeführt.
War also erstmal nichts mit Ottersichtung.
Auch mein zweiter Versuch auf der Vogelinsel Fetlar schlug fehl und brachte mir lediglich schwarze Füße ein. Laut Tourismusfolder sollte der Strand rechts vom Hafen ein guter Ort für Otter Beoachtungen sein. Und laut der Karte verlief dort sogar ein Weg. Nur muss man bis dahin erstmal eine Wiese durchqueren und über ein paar Zäune klettern.
Über den Namen der nachfolgenden Blümchen hätte ich vor Durchqueren der Wiese nachdenken sollen…
Da wo Sumpforchideen wachsen, darf man auch einen Sumpf erwarten. In den bin ich knöcheltief eingesumpft und hab mir meine neuen Socken auf ewig ruiniert. Sie blieben auch nach unzähligen Waschvorgängen braun und landeten nach ein paar Jahren schließlich in der Tonne. Waren aber zumindest eine lustige Erinnerung an meine Woche auf den Shetlands 😀
Nach der Wiese gelangte ich mit sumpfigen Füßen an den Strand, aber der war so geröllig, dass ich mir in meinen bekloppten Wanderschuhen wahrscheinlich die Haxen gebrochen hätte. Nach 200 Metern kehrte ich um und hatte wieder keine Otter gesehen. Konstatierte auf dem Rückweg durch den Sumpf, dass ich nicht optimal ausgerüstet bin, um Otterbeobachter oder Ornithologe auf Fetlar zu werden…
Mit frischen Socken an den Füßen nutzte ich noch bis kurz vor Sonnenuntergang das Wifi im Hafen und fuhr anschließend zum Fetlar Campsite zurück. Wobei ich unterwegs noch ein paar mehr oder weniger gelungene Fotos auf dem Friedhof schoss…
Nach diesen Fehlversuchen hatte ich die Hoffnung auf eine Ottersichtung schon ziemlich aufgegeben.
Aber dann, ein par Tage später… Da sitz ich im Auto, warte auf die Fähre nach Whalsay und plötzlich steckt ein Otter die Nase aus dem Wasser. Einfach so!!! So dicht, wie ich es mir gewünscht hätte, war er natürlich nicht. Aber ich konnte ihn gut beobachten. Wie er ab- und auftauchte und von jedem Tauchgang was leckeres mitbrachte. Otter sind echte Gourmets. Auf ihrem Speiseplan stehen unter anderem Langusten und Jacobsmuscheln, die sie höchst anmutig und manierlich mit ihren Vorderpfoten halten und genüsslich knabbern.
Dem wendigen Kerlchen beim Schwimmen zuzuschauen, ist eine echte Freude. Da geht dir echt das Herz auf.
War das schön, dass ich doch noch einen Otter gesehen hatte!