Wenn man die Sehenswürdigkeiten einer fremden Stadt besuchen möchte und mehrere Stunden unterwegs ist, muss man irgendwann auch auf Toilette. Wir hatten im Vorfeld etwas Sorge, dass es womöglich keine gibt, oder dass wir die Schilder nicht deuten können, oder dass sie nicht zumuntbar sind. Gute Nachricht vornewege, es gibt ausreichend öffentliche Toiletten in Peking, nur sind sie manchmal etwas anders gebaut als wir es kennen.
So genau weiß man nie, was einen erwartet. Es gibt Toiletten wie bei uns, aber nur selten – sozusagen die First Class Klos. Second Class ist ohne Sitz: Eine Porzellanschüssel im Boden, über die man sich hockt. Erstmal ungewohnt, aber na ja: Wat mutt, dat mutt.Wenn die Toilette Seitenwände und eine Tür hat, dann ist es noch ziemlich gut. In der dritten Klasse gibt es Toiletten mit Seitenwänden, aber ohne Türen – sind ja schließlich auch öffentliche Toiletten – daher der Name. Richtig schön wird es, wenn die Toiletten in zwei Reihen gebaut sind. Das heißt, es kann nicht nur jeder, der vorbeigeht, reinschaun, man hat auch noch ein Gegenüber. Aber zur Not nimmt man selbst das in Kauf…
Letztere Sorte Klo haben wir glücklicherweise nur einmal in Anspruch nehmen müssen – in Badaling! Dort sollte man besser nicht die obere Toilette bei den Bärengehegen benutzen. Die Toiletten unten beim Parkplatz sind angeblich besser.
Don’t Spuck!
Dass es ungehörig ist auf die Straße zu spucken, weiß jedes Kind. Außer es wohnt in China. Dort wird mit Begeisterung auf den Gehweg oder auf die Straße gerotzt. Ich sag mal „Rotzen“, denn von Spucken kann bei der Geräuschkulisse und der Konsistenz des Auswurfs nicht mehr die Rede sein. Seit kurzem versucht die Regierung die Rotzer zu bremsen – wegen der Olympischen Spiele versteht sich! Dazu werden Spucktüten ausgeteilt auf denen irgendein Spruch von der Sorte: „Don’t spuck auf die Straße“ steht. Außerdem ist das Spucken nun bei Strafe verboten. Kostet etwa 5 Euro, wenn man erwischt wird.
Klingt Albern? Wer schon mal rechts und links, vorne und hinter sich alle Leute laut den Rotz hochziehen und ausspucken gehört und gesehen hat, der findet Spucktüten sind eine wunderbare Sache. Und ich sag jetzt mal nichts weiter über die dunkelbraune Rotzmasse auf den Gehwegen, denen man ständig ausweichen muss… äääh.
Bettler mit Beschallung
Bettler sieht man in Peking relativ selten, da sie schnell mit Ordnungsgewalt vertrieben werden, wenn sie irgendwo auftauchen. Die meisten Bettler in Peking sind eher verdeckte „Gelegenheits“-Bettler. Sie sammeln z.B. leere Plastikflaschen aus den Papierkörben in Parkeinlagen und machen sie zu ein bisschen Geld. Sollte mal ein Tourist vorbeikommen, dann versuchen sie’s bei ihm, ob er nicht ein bisschen was springen lässt. Wir haben häufiger erlebt, dass alte Mütterchens, die gerade noch zufrieden mit dem Besen die Straße kehrten, plötzlich einen leidenden Gesichtsausdruck bekamen und die Hand aufhielten, wenn wir vorrüber gingen.
Aber es gibt auch „professionelle“ Bettler. Meist haben sie ein Gebrechen oder eine Behinderung, die sie einem demonstrativ vorhalten und dann auf den Schreck Geld haben wollen. Einen richtigen Profi-Bettler haben wir in der U-Bahn getroffen. Der war – sorry ich weiß nicht, wie ich es anders nennen soll – eine Show.
Der Mann, ein Brandopfer mit sehr starken Verbrennungen (keine Haare, keine Ohren, Nase und Lippen deformiert, Hände stark verbrannt), trat zusammen mit einer Assistentin auf. Seine Masche war es, die U-Bahn Waggons der Reihe nach abzuklappern. Die Waggons sind nicht durchgängig miteinander verbunden. Er ist also in der einen Station in den ersten Waggon rein und in der nächsten wieder raus und einen weiter nach vorne.
Den Mann anzuschauen – war erst mal ein Schock. Dann aber ging die Show los, und die entbehrte nicht einer gewissen Komik. Vor seinem Bauch trug er so eine Art Bauchladen. Nur hatte er darin kein Popcorn oder Eis, sondern eine kleine mobile Verstärkeranlage. Richtig gelesen: Er war mit Lautsprecher + Mikro unterwegs! Er kam in den Zug, nahm das Mikro und erzählte uns eine Geschichte im Stil von „Ich bin der Chan, ich hatte einen schweren Unfall, ich hab keine Haare und keine Ohren mehr und ich singe Euch jetzt ein Lied.“ Dann began er zu singen.
Ich kann natürlich nur vermuten, was er erzählt hat, kann ja kein chinesisch. Aber so ungefähr wird es wohl sein. Er singt (ziemlich schmerzhaft für die Ohren, aber nicht so schlimm wie die Gesangsübungen unserer Nachbarin im Hepingmen Appartement) und spaziert währenddessen vom einen Ende des Waggons zum anderen. Beim nächsten Stopp ist er wieder draußen. Ach ja, er ist in Begleitung einer Assistentin, die das Geld einsammelt. Dazu hält sie den Leuten im Zug eine große Papiertüte unter die Nase. Wenn jemand nicht gleich spurt, ruckelt sie verärgert mit der Tüte. Ich war so perplex, das ich sie nur fassungslos anschauen konnte.
Betteln, aber gekonnt!
Clarissas Vater, den wir eigentlich in Peking besuchen wollten, der dann aber nicht da war, bekam eines Tages vor der verbotenen Stadt von einem Bettler eine verkrüppelte Hand unter die Nase gehalten. Was ist schon eine verkrüppelte Hand? Dem Erhard fehlt der linke Arm was er dem Bettler im Gegenzug gezeigt hat – und nun? Der Bettler war völlig fassungslos und wollte erst nicht glauben, dass es echt ist. Hat den Papa von Clarissa von allen Seiten betatscht und unter die Jacke geschaut, ob er den Arm nicht doch irgendwo versteckt. Kein Arm da.
Dann hat der Papa zum Bettler gesagt: So, jetzt zoag i di ma wia des geht. Er hat sich den Chinesen geschnappt und ist mit ihm losgezogen, die Amis anbetteln. Sein Spruch: A Dollar for two old veterans. O-Ton Clarissas Papa: „Innerhalb von einer halben Stunde hatten wir 50 Yuan. Der hat vielleicht gestaunt, der Chinese!“ Die Geschichte ist 100% wahr!