Winter oder nicht – bei zwei Wochen Urlaub konnte ich nicht einfach zu Hause bleiben. In den Süden wollte ich nicht. Also hab ich mir „last minute“ ein Ferienhaus in Dänemark am Nissum Bredning gebucht, dem südlichen Ausläufer des Limfjords. Rundum gibt es ein riesigs Feuchtgebiet aus Seen, Flüssen, Sümpfen und das Meer ist auch nicht weit.
Mein Ferienhaus ist ein schönes blaues Holzhaus in einer Feriensiedlung unweit von Lemvig. Der Platz reicht für acht Leute, aber ich hatte keine Lust, schnell noch ein paar Mitreisende zu suchen. Das war gut so. Ich wollte ja wildes Meer und Wind…. und das Wetter ist genau wie vor zwei Jahren sehr wild und ich harre der Dinge, dass der Sturm nachlässt. Im Moment tut man gut dran, im Haus zu bleiben. Aber es soll besser werden.
Ich höre laut Musik, denn die Ferienhäuser um mich herum sind leer, denke über das Leben im allgemeinen und besonderen nach, lese, kuschel mit Rossi, sortiere Fotos und Reiseerinnerungen, horche raus in den Sturm und freu mich, dass der Sturm draußen ist. Laut dänischem Wetterdienst haben wir Windstärke 8, also so 60 bis 75 km/h) und gelegentliche Hagelschauer. ABER es ist nicht so kalt wie vor 2 Jahren!!!
Der Strand am Nissum Bredning ist wech. Steht unter Wasser. Da hinter den Hecken sollte eigentlich der Strand sein, an dem wir spazieren gehen wollten…
Rossi ist ein bisschen enttäuscht, dass der versprochene Strand unter Wasser gesetzt wurde!!!
Die Dänen halten sich alle total korrekt daran, dass der Hund an der Schnur sein muss.
Leider kann ich nicht genug Dänisch, um das mit der Schnur zu verstehen… Hüstel…
Tja, Strandspaziergang am Nissum Bredning ist gestrichen. Fahren wir halt ans Meer…
Das Meer zu finden, war nicht ganz einfach – so mitten in dem Feuchtgebiet aus zig Seen, Sümpfen und sonstigen Wassern.
Immer noch kein Meer…
Fast da, wir müssen nur noch über die Dünen…
Und dann ging, Hossa, die Post ab. Voll im Sturm…
Bei dem Anblick hatte ich nur einen Gedanken: Bei dem Wetter, möchte ich nicht auf der Noröner zu den Färöer Inseln oder nach Island fahren. Später hab ich mitgekriegt, dass die im Nordatlantik tatsächlich noch einiges mehr an Sturm und Spaß als wir in Dänemark hatten. Die höchste gemessene Windgeschwindigkeit auf den Fäöern soll Weihnachten 2016 um die 260 km/h gewesen sein.
Die ursprüngliche Beaufortskala endete ja bei Windstärke 12 (133 km/h). 1946 haben sie aber noch 5 Stufen drauf gepackt, sodass sie auf den Färöern Windstärke 17 (> 202 km/h) hatten. Krass! Ich fand es schon mit Windstärke 8 in Dänemark völlig ausreichend.
Wenn es dir in Dänemark nicht gefällt, dann kannste auch nach Rom, Paris oder London fahren!
Jetzt weiß ich ja nicht, was man über die Jütländer so im Allgemeinen sagt. Ich bin jedenfalls zu der Erkenntnis gekommen, dass sie noch wortkarger als unsere die wortkargen Norddeutschen sind. Wenn du mal zwei Wochen mit keinem Menschen sprechen möchtest, dann kannst du das in Westjütland ganz problemlos durchziehen.
Ich hätte ja von den Dänen behauptet, dass sie ein munteres gutgelauntes Völkchen sind, wie alle Skandinavier. Immer Hej Hej und freundlich zu jedermann. Aber hier in der Ecke kriegen sie die Zähne überhaupt nicht auseinander. Und die Mundwinkel zu einem Lächeln hochziehen geht noch weniger. Echt! Nachdem ich mich in den ersten Tagen gewundert hatte, was die Leute hier komisch drauf sind, hab ich eine Versuchsreihe angestellt: Schaue die Menschen direkt an, suche den Blickkontakt und lächle dein schönstes Lächeln. Total gescheitert. Das geht nicht, du kriegst gar keinen Blickkontakt hergestellt. Dein Gegenüber schaut dich zwar kurz an, aber nicht in die Augen. Während du auf diesen kurzen Augenkontakt wartest, um dein Lächeln zu starten, schaut er schon wieder weg und nie wieder zurück. Wirklich wahr.
Gestern hab ich die wahrscheinlich einzige Ausnahme in ganz Jütland getroffen. Ein etwa 20-jähriger Bursche hat mich auf der Straße angelächelt und Hej gesagt. Kam wahrscheinlich aus Kopenhagen. Sollte er ein Jütländer sein, wird man ihm diese Albernheiten garantiert noch austreiben.
Außerdem sind die Hundebesitzer hier etwas strange drauf. Überall in Europa wo ich war, kenne ich es so, dass man als Hundebesitzer automatisch ins Gespräch kommt. Hier sind alle Hunde ganz korrekt an der Leine, und werden so auf Abstand gehalten, dass man dem anderen Hundehalter nicht zu nahe kommt und sich womöglich mit ihm unterhalten muss. In Thyborøn hatte sich eine Hündin spontan in Rossi verliebt und ihre Halterin fast vom Fahrrad geholt. Ich war extra stehen geblieben, damit sich die beiden Hallo sagen können. Während die beiden verliebt um einander herumgewuselt sind, hat die Halterin ohne Punkt und Komma geredet, aber mit sich selber, nicht mit mir.
Allerdings sind die hier auflaufenden Urlauber mit norddeutschem Autokennzeichen, vor allem die über 60, auch nicht sonderlich nett. Vielleicht macht das rauhe Wetter eine rauhe Laune?